Ein besonderes Erlebnis auf meinen Reisen war einmal, als ich in Taipeh morgens aufwachte und durchs Fenster sah.
Bereits Tage zuvor waren Schulen geschlossen und Veranstaltungen abgesagt worden.
Am Vortag wurde die Messe beendet, auf der ich ausgestellt hatte. Schon auf dem Rückweg in mein Hotel war mir mulmig.
In der Tat war ich die ganze Nacht lang wach.
Es regnet
Der nette Mensch an der Rezeption begrüßte mich mit einem freundlichen Lächeln und sagte “it is still raining Sir”
Er nannte es tatsächlich “it is raining”,
ich nenne so etwas doomsday, jüngstes Gericht, Apokalypse oder Armageddon….
Es regnete nicht. Nicht einmal Bindfäden und auch nicht aus Eimern. Nein, denn den Platz jeden Bindfadens oder Eimers hatte jeweils ein Fluss eingenommen, und zwar einer der Kategorie Mississippi, mindestens !
Das allein war auch nicht das schlimmste. Ein ständiges und unaufhörliches, bedrohliches Grollen und Dunkelheit begleiteten das Phänomen.
Dazu kam ein Wind der das Haus des dritten Schweinchens, samt Inventar und dem Schwein selbst, locker in die Umlaufbahn des Saturn hätte wehen können.
Diese Art Wind, bei dem man keine Wangen und kein Doppelkinn mehr hat, weil sich das alles am Hinterkopf befindet.
Durch den Taifun zum Flughafen
Wir fuhren trotzdem zum Flughafen. Ich wurde von einem gut aufgelegten, freundlichen Taxifahrer abgeholt. Er fuhr einfach los. Nein, das stimmt nicht, er fuhr los als hätten wir eine Schwangere an Bord und sie müsste, wegen der zu befürchtenden Steißgeburt, in maximal drei Minuten im 20 Km entfernten Krankenhaus sein.
Man konnte den Fahrer förmlich zusehen wie er dabei den Regeln der Physik ins Gesicht spuckte und dem Sensenmann eine lange Nase zeigte.
Mir ging wie im Stakkato durch den Kopf: “Aquaplaning ab 80 Km/h – Aquaplaning ab 80 KM/h – Aquaplaning ab 80 Km/h”.
Vielleicht hatte man ihm ja auch erzählt, Aquaplaningeffekte setzten erst ab 180 Km/h ein, wer weiß…..
Wir kamen in der Tat am Flughafen an.
Glücklicherweise hatte ich noch Zeit bis zu unserem Boarding, was gut war, da ich mir dadurch in aller Ruhe und mit viel Zeit, durch den großflächig verglasten Airport das Geschehen draußen ansehen konnte. Da draußen, wo ein wahnsinniger gleich bei 250 Km/h über eine Startbahn fegen wollte, um mit 300 Passagieren mitten in die Wolken hineinzufliegen, aus denen das gesamte Unwetter kam !
Am Airport
Ich sah Palmen, die durch den Wind mit ihrer Spitze fast den Boden berührten. Ich sah Fluten, die bis zu einem Drittel die Reifen einer 747 bedeckten…und ähnliche, schöne Szenarien. Beschaulich.
Jedenfalls war ich an dem Tag sicher, dass ich die Midlife Crisis niemals erreichen und nie im Feinripp Unterhemd im Fernsehsessel landen würde, da mein Dasein in dem Land enden würde. Ein Land übrigens, das mich bei der Einreise mit einem großen, außerordentlich motivierenden Banner begrüßt hatte, das die Aufschrift trug “Remember, we have death penalty”, oder so ähnlich.
Meine Hoffnung keimte auf, als mehr und mehr Flüge gecancelt wurden, aber diese Hoffnung wurde von Minute zu Minute erstickt, weil unser Flug wie eingemeißelt auf der Tafel blieb, immer noch…immer noch…und immer noch…..Und dann passierte es ….
Laut und klar wurde der Flughafen mit dem Lied vom Tod beschallt, anders als im Film diesmal aber mit Text.
Ein eindringlicher Text, der einem mit der Melodie bis ins Mark eindrang während die Anzeigentafeln nur noch das Quietschgeräusch aus der Anfangsszene dieses Films machte…
Ich erinnere mich an einen Teil des Textes, irgendetwas wie “Fernandos letzter Flug ever ist nun zum Einsteigen bereit” .
Ich bin mir auch sehr sicher, dass ich im Hintergrund den Beelzebub habe schallend lachen hören !
Reagieren oder Aufgeben ?
Mein Beschluss war plötzlich klar und deutlich. Die Paar Meter von Taipeh nach Frankfurt würde ich auch zu Fuß gehen koennen, oder schwimmen, oder auf den Brustwarzen kriechen, oder ich würde einfach hier bleiben und mich schon an die Bruthitze und das Essen gewöhnen. Heutzutage wäre sicher Flixbus eine Option gewesen. Taipeh Frankfurt für 29,-Euro. Gab es damals leider noch nicht.
“Cabin Crew, all doors in flight” Rums !!
Der Abschied und der schönste Satz meines Lebens
Immerhin, ich hatte eben noch kurz mit meiner Mutter telefoniert. Ich musste doch wenigstens mit ihr noch einmal reden…
Ich weiss nicht ob sie gespürt hat, dass es für mich eine Verabschiedung war, aber nun nahm ich mein Schicksal hin. Ich wusste, die Firma hatte eine Lebensversicherung für mich am laufen. Bestimmt war das hier einer der Gründe warum Firmen das tun.
Ich hörte nur noch: “Cabin Crew, prepare for take off.” Ich schloss die Augen, krallte mich an meinem Sitz fest und begann zu beten…..
Das nächste woran ich mich erinnere ist eine Stimme.
Vielleicht war ich wirklich tot, denn auf einmal höre ich die Stimme einer Elfe, einer guten Fee, nein eines Engels.
Es war das schönste was ich bis dahin je hörte. In einer Tonlage wie Musik aus einer goldenen Harfe umschmeichelten wundervolle Worte mein Ohr:
“Ladies and Gentlemen, welcome to Frankfurt International Airport.”
Danke lieber Gott und einen besonderen Gruß an den damaligen Piloten! Wo immer Du bist mein Freund, ich liebe Dich für immer !