Vertrieb

Wie der Vertrieb seine Besten verliert und warum Haltung entscheidend ist

3. November 2025
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Fernando Osorio

Das leise Verschwinden der Echten

Er war einer der Guten. Einer, der Kunden gespürt hat, bevor sie wussten, was sie brauchen.
Einer, der Haltung hatte. Der in Meetings nicht nachsagte, was alle hören wollten, sondern das, was alle brauchten. Er forderte ein. Er legte Finger in Wunden. Verlangte Lösungen und war bereit die Ärmel hochzukrempeln.

Und dann wurde er leiser. Angepasster. Er füllte Sheets aus, klickte Forecasts, nickte in Alignment-Calls.
Er machte alles richtig.
Und genau das war das Problem.

Der Vertrieb verliert seine Besten nicht an die Konkurrenz. Er verliert sie an die Kultur, die sie formt.
An ein System, das Professionalität mit Perfektion verwechselt. Und Vertrauen mit Kontrolle.

Die Kultur der Anpassung

In vielen „modernen“ B2B-Vertrieben herrscht eine stille Gleichschaltung.
Niemand nennt sie so, aber jeder spürt sie.

Alle reden von „Authentizität“.
Doch in Wahrheit wollen viele nur, dass niemand aneckt. Verkäufer sollen bitte menschlich wirken, aber nicht zu menschlich. Klar kommunizieren, aber nicht zu klar. Erfolgreich sein, aber bloß nicht auffallen.

Das Ergebnis:
Wir bekommen Vertriebsorganisationen voller korrekter Menschen, aber ohne Kante.
Ohne Meinung. Ohne Farbe.

Das ist kein Fortschritt, das ist Sterilität. Und sie tötet genau das, was echten Vertrieb ausmacht:

Mut, Empathie, Haltung.

Warum die Besten gehen, oder gegangen werden

Die Besten gehen nicht, weil sie keine Lust mehr auf Verkauf haben. Sie gehen, weil sie sich nicht mehr wiedererkennen.
Weil sie spüren, dass ihr Instinkt, ihre Intuition, ihre Haltung nicht mehr gefragt sind.

In vielen Vertriebsorganisationen gilt heute:

Je angepasster du bist, desto sicherer bist du.
Je systemtreuer du bist, desto mehr Vertrauen bekommst du intern. Deine Qualifikation ist Nebensache.

Das ist paradox.
Denn extern, beim Kunden, gilt das genaue Gegenteil:
Dort gewinnt, wer echt ist.
Wer eine Meinung hat.
Wer etwas riskiert, statt sich abzusichern.

Vertrauen entsteht nicht durch perfekte Formulierungen, sondern durch spürbare Überzeugung.
Und Überzeugung braucht Reibung. Immer.

Vertrauen statt Performance-Theater

Viele Vertriebsorganisationen sind heute großartige Bühnen, aber schlechte Beziehungen.
Man spielt Rollen: Account Executive, SDR, Closer, VP.
Jeder hat seine KPI, seine Sprache, seine PowerPoint.

Doch am Ende fehlt oft das, was alles trägt:
Echtheit. Substanz.

Kunden merken das sofort.
Sie spüren, ob jemand da ist, um etwas zu verkaufen oder um zu verstehen.
Sie merken, ob ein Gespräch auf Vertrauen basiert oder auf Agenda.

Der Markt ist nicht müde vom Verkaufen. Er ist müde von Verkäufern, die sich verstellen.

Und das Tragische ist: Viele dieser Menschen waren einmal echt.
Bis das System sie weichgeschliffen hat.
Bis sie gelernt haben, dass es sicherer ist, nichts Falsches zu sagen als etwas Richtiges, das aneckt.

So entsteht das, was ich „Heisse Luft Performance“ nenne:
Man wirkt stark, aber man fühlt sich (ist) leer.
Man spricht von Beziehung, aber man meint Prozess. Man verkauft viel, aber man verbindet wenig.

Vertrieb braucht Vertrauen
Echtes Vertrauen, das können nur Menschen

Systeme sind nicht das Problem

Jetzt kommt der entscheidende Punkt:
Es liegt nicht am System.
Ich verkaufe selbst Vertrieb mit System, oder Systeme für funktionierenden Vertrieb und ich weiß, daß und warum das funktioniert.

Systeme sind neutral. Sie sind Werkzeuge. Sie schaffen Orientierung, Klarheit, Struktur.

Das Problem ist nicht das System, sondern der Mensch, der glaubt, es könne für ihn denken.
Systeme dürfen kein Ersatz für Haltung sein. Sie müssen ihr Verstärker sein.

Ein gutes System macht dich besser, weil es dir Raum gibt, das Richtige zu tun.
Ein schlechtes macht dich schwächer, weil es dir den Mut nimmt, das Falsche zu riskieren.

Viele Organisationen haben Systeme gebaut, um Menschen zu entlasten.
In Wahrheit haben sie sie aber entmündigt. Und das kommt sehr oft „von oben“.

Ein CRM kann Daten sortieren. Aber es kann kein Vertrauen aufbauen.
Ein Sales Prozess kann Schritte definieren. Aber er kann keine Haltung erzeugen.

Das System ist nie besser als der, der es nutzt.
Und wer kein Rückgrat hat, wird vom besten Framework nicht aufgerichtet. Auch, oder gerade nicht qua schwerwiegendem Job Title auf der Visitenkarte.

KI – Spiegel und Verstärker

Künstliche Intelligenz ist die logische Konsequenz dieses Trends:
schneller, präziser, perfekter – aber Achtung, eben auch glatter!

Sie kann formulieren, strukturieren, simulieren.
Sie kann jede Einwandbehandlung ausspielen, jede Mail optimieren, jedes Meeting vorbereiten.
Aber sie kann eines nicht: echt sein.

KI ist der Spiegel des Vertriebs, das ist so. Sie zeigt uns, wie viel wir selbst schon automatisiert haben.
Aber eben auch, wie sehr wir gelernt haben, zu funktionieren statt zu fühlen.

Viele fürchten, dass KI Verkäufer ersetzt.
Aber ehrlich gesagt:
Wenn du dich benimmst wie eine Maschine wunderst du dich, dass eine solche dich ersetzt?

Das Problem ist nicht, dass KI kommt.
Das Problem ist, dass zu viele Menschen bereits so arbeiten, dass man sie durch KI ersetzen könnte.

Aber: KI ist auch die größte Chance für alle, die denken, statt nur zu wiederholen.
Für alle, die Systeme als Hebel sehen, nicht als Krücke.
Für alle, die verstehen, dass Technologie kein Gegner ist, sondern ein Spiegel ihrer eigenen Haltung.

KI nimmt uns keine Arbeit ab. Sie nimmt uns die Ausrede, oberflächlich zu bleiben.

KI
KI hält uns bereits jetzt einen Spiegel vor

Was KI nicht kann – und vielleicht nie können wird

KI kann Wissen abbilden. Aber keine Haltung.
Sie kann kommunizieren. Aber nicht spüren.
Sie kann simulieren, wie Vertrauen klingt. Aber nicht, wie es sich anfühlt.

Vertrauen entsteht aus Risiko. Und Risiko ist zutiefst menschlich.

Wenn du dich auf einen Kunden einlässt, ohne Garantie.
Wenn du ehrlich sagst, dass etwas nicht passt.
Wenn du in einem Meeting widersprichst, obwohl alle nicken.

Das sind die Momente, die KI nie ersetzen kann.
Weil sie Entscheidung braucht. Weil sie Mut braucht. Weil sie dich braucht.

Haltung als Zukunftsfähigkeit

In einer Welt, in der alles automatisiert werden kann, und auch politische und gesellschaftliche Umwälzungen einen fast erdrücken, wird Haltung zur letzten echten Differenzierung.

Haltung heißt:
Ich weiß, wofür ich stehe – auch, wenn es mich etwas kostet.
Ich sage, was ich denke – auch, wenn es nicht jedem gefällt.
Ich nutze Systeme – aber ich verstecke mich nicht hinter ihnen.

Die Zukunft gehört nicht denen, die am lautesten „Innovation“ rufen, oder die meisten Agents einsetzen.
Sondern denen, die klar und bei sich bleiben, wenn alle anderen sich anpassen.

Kunden werden in Zukunft auch zwischen Effizienz und Echtheit wählen.
Und sie werden sich für Echtheit entscheiden, wenn sie sie bekommen können.

Verkäufer mit Haltung sind kein Risiko. Sie sind das Kapital jedes Unternehmens.

Weil sie Vertrauen schaffen, das kein Algorithmus jemals berechnen kann.

Haltung in Führung und Vertrieb
Haltung – Grundeigenschaft in Vertrieb UND Führung

Führung als Haltung, nicht als Prozess

Wenn du führst, formst du Kultur. Und Kultur entscheidet, ob sich Menschen zeigen oder verstecken.

Führung ist keine Checkliste. Sie ist ein Statement.

Du kannst KPIs definieren, aber du kannst Haltung nicht vorschreiben oder verbieten.
Du kannst Systeme aufsetzen, aber du kannst Vertrauen nicht anordnen und nicht vortäuschen.

Gute Führung schafft Raum, nicht Regeln. Sie erkennt, dass Systeme Menschen dienen müssen, nicht umgekehrt.

Der beste Vertrieb entsteht dort, wo Struktur und Persönlichkeit sich nicht ausschließen.
Sondern gemeinsam agieren und sich dadurch gegenseitig verstärken.

Die Rückkehr der Echten

Wir stehen an einem Wendepunkt.

Zwischen Effizienz und Echtheit.
Zwischen Automatisierung und Vertrauen.
Zwischen Anpassung und Haltung.

KI wird den Vertrieb verändern – keine Frage. Aber nicht, indem sie Verkäufer ersetzt.
Sondern indem sie die trennt, die nur Kommandoempfänger sind die im Vertrieb arbeiten, von denen, die  Vertrieb wirklich verstehen.

Die Zukunft gehört den Echten.
Denjenigen, die Haltung zeigen, wenn Systeme Druck machen.
Die Technologie nutzen, ohne sich zu verlieren.
Die wissen: Man kann alles automatisieren, außer Vertrauen.

FAZIT

Vertriebserfolg basiert auf guten Prozessen. Aber Vertrieb ist kein Prozess. Er ist ein Versprechen.

Und jedes Versprechen braucht einen Menschen, der es meint.

Deshalb werden am Ende nicht die Systeme gewinnen. Nicht die Tools. Nicht die Technik.

Sondern die, die Haltung behalten – wenn alle anderen sich anpassen.

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Über den Autor
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Fernando Osorio

Von door to door Kaltakquise über KAM , bis hin zum verantwortlichen für strategisches Vertriebsmanagement international aufgestellter Unternehmen mit mehreren Vertriebseinheiten in verschiedenen Ländern. Mehrfach, auch international, Vertriebe und Vertriebsteams ab Stunde null aufgebaut, Vertriebsprozesse eingeführt und optimiert, sowie Vertriebs- und Go To Market Strategien auf- und umgesetzt. Recruiting, Training, Coaching und Entwicklung von Vertriebspersonal, auch international.

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