Die Spreu trennt sich vom Weizen

Die aktuelle Zeit hat einige Verwerfungen im Vertrieb hervorgerufen, wir alle haben das bereits gespürt.

Nichts ist mehr wie es einmal war ?

Es gibt grundsätzlich keinen Grund in Panik zu verfallen. Im Gegensatz zu dem was von vielen propagiert wird, glaube ich nicht, dass nun alles anders ist. Es ist sogar so, dass ich denke, dass das was stattfindet nun endlich eine (Rück)besinnung auf das Wesentliche ist, bzw. sein kann. Die Zeit derjenigen, die im Vertrieb das Vermarkten von heißer Luft für ausreichend hielten, ist allerdings spätestens jetzt abgelaufen.
Wer seinen Beruf als Verkäufer von jeher richtig verstanden hat, der muss alles andere als Angst vor dem „New Normal“ haben.

Natürlich haben sich Dinge geändert, etwa alle Elemente, die mit persönlichem Kontakt zu tun haben.
Die Relevanz mancher Produkte und Dienstleistungen, aber eventuell sogar von Vertrieblern und Führungskräften eines gewissen Schlages hat sich ebenso schlagartig verändert.

Wer wird am Ende noch da sein ?

Vertriebsmanager sind jetzt zwar gefragter denn je, aber eben nicht irgendwelche. Es geht um Flexibilität, Innovationskraft, Mut, Nachhaltigkeit, Ganzheitlichkeit, Lernwilligkeit, mittelfristig aber auch um viel Kreativität. Kreativität, weil die „neue“ Vertriebswelt sich vermutlich weiterhin ändern wird. Value Selling, hätte schon immer im Mittelpunkt stehen sollen. Nun bahnt es sich eben mit „Gewalt“ seinen Weg.

Was ist zu tun ?

Der Kunde muss zwar ähnlich fokussiert werden wie sonst auch immer, innerhalb dieses Fokus sind aber die Gewichtungen durchaus verschoben worden. Mehr denn je, ist der Bedarf, der Nutzen, bzw. Value herauszustreichen. Preis ist für gute Verkäufer zwar immer Nebensache gewesen, jetzt aber eben noch mehr als sonst. Vertrauen, Zuverlässigkeit und Kundennähe. Das sind die aktuellen Schlagworte und dort müssen die Differenzierungsmerkmale liegen. Natürlich waren diese immer Elemente einer guten Kundenbeziehung und sie waren auch immer Teil des Repertoires von Top Verkäufern. Dennoch sind diese in den aktuellen Zeiten kein nice-to-have von Verkäufern mit gesundem Eigenanspruch, sondern vielmehr das Backbone des aktuell sicher nicht einfach zu generierenden Einstiegs bei Neukunden und somit von jedem Vertrieb.

Stop Selling. Start Helping.

Zig Ziglar

Ein Vertrieb muss nun, und das ist eigentlich auch gut so, auf den Benefit für den Kunden deutlich mehr Wert legen und diesen auch deutlich früher und intensiver herausstreichen. Bereits in den frühesten Phasen der Akquise ist nun Problemlösung der Kern jeder Kommunikation. Der Kunde erwartet, dass es um sein Geschäft und dessen Optimierung geht und um nichts anderes – und zwar von Anfang an.

Wie kann ich das bewerkstelligen ?

Natürlich sollte jeder Vertrieb seine Prozesse jetzt auf diesen Fokus überprüfen und gegebenenfalls adaptieren. Prozesse die zu sehr auf wirtschaftliche Aspekte wie etwa Preis oder auch Preis/Leistung abzielen und somit über „Hard Selling“ Methoden erfolgreich gemacht werden konnten, sind wohl nicht mehr die sinnvollste vertriebliche Ausrichtung. Auch bei der Abgrenzung zum Wettbewerb reicht das schon jetzt bei weitem nicht mehr aus. Die Kunst wird es sein, den Kunden nun in seinem aktuellen „Mindset“ durch den Verkaufsprozess zu führen. Verkaufen ist natürlich nach wie vor aktuell, denn die Empathie darf nicht so weit gehen, dass Geschäfte keine echte win-win Situation mehr kreieren. Ein Vertrieb untermauert seine Existenzberechtigung nach wie vor mit Umsatz.

Customer experience is the next competitive battleground. It’s where business is going to be won or lost.

Tom Knighton

Verkäufer sind es aber, die sich mit ihren Pitches und Gesprächsinhalten anpassen müssen. Reines Transactional Selling ist kein Weg mehr in 2020. Es trennt sich die Spreu vom Weizen, sprich der Vertriebler, der schon immer ganzheitlich agiert hat vom „Verkäufer“ der den reinen „Absatzfokus“ hatte. Allerdings sind es auch die Vertriebe, die mit dem Generieren von relevanten Umsätzen dem Unternehmen zu Stabilität verhelfen, heißt Verkaufen können – auch rein technisch betrachtet-  ist wichtiger denn je.

Ist das dann ausreichend ?

Das Vertriebsmanagement steht also vor mehreren Aufgaben. Die Anpassung der Prozesse inklusive sämtlicher Digital Sales Aspekte muss vollzogen werden. Das eigene Know How, wenn nicht schon vorhanden, muss angepasst werden. Das kann auf verschiedenen Ebenen wie etwa der Bereich Digital Sales sein, oder Online Marketing, aber natürlich auch das Kernthema Value Selling. Vertriebsstrategien ohne das digitale Element sind nicht mehr zeitgemäß. Dennoch bleibt eines, Vertrieb wird von Menschen gemacht und zielt auf Menschen ab !

uhren
Die Zeichen der Zeit erkennen und mit der Zeit gehen. Beides muss ein Vertriebsmanager können.

Und meine Mitarbeiter ?

A propos Mensch. Da ist dann noch die aktuell schwierige Personalsituation. Etwa die Aufgabe die Mitarbeiter daraufhin zu prüfen, zu schulen und zu coachen, dass sie flexibel und schlagkräftig bleiben und über das notwendige Know How, auch das digitale, verfügen. Das eine oder andere Mitarbeiterprofil bietet sich vielleicht für andere Änderungen an. Ein optimierter Prozess öffnet eventuell neue Tätigkeitsfelder. Möglicherweise sollte man die Sales Force in Spezialisten und Allrounder trennen, die jeweils den Kunden auf verschiedenen Etappen des Sales Journey begleiten. Die Rolle des Customer Success Managers oder eine ähnliche Instanz gewinnt sicherlich an Bedeutung und muss besetzt sein. Vielleicht gibt es die optimale Besetzung schon im Team ? Die Spezialisten im Vertrieb sind nun vielleicht auch die, die einige strategische Aspekte des Customer oder Business Development abdecken können ? Vernetzt mit dem Marketing, etwa um Social Selling mitzulenken ? Vielleicht sind es die Allrounder, die sich um die Neukundenakquise kümmern ?

Eine Menge Fragen, die das Vertriebsmanagement zu beantworten hat. Zumeist in laufenden Operations, d.h. neben dem „Tagesgeschäft“, eventuell sogar bei prekären wirtschaftlichen Bedingungen. Unabdingbar sind die Antworten auf alle Fälle. Das „New Normal“ wird sich nicht in einem Monat wieder verabschieden, ebenso wenig, wie eine neue Generation an Vertrieblern und auch Einkaufsverantwortlichen, die auch neue Aspekte, Forderungen, Sichtweisen und Mindsets mitbringen. Zwei der Schlagworte hier sind Sales Enablement, aber insbesondere auch das Empowerment des Vertriebspersonals. Komplex, weil nicht jeder Mitarbeiter mit Freiheiten und Verantwortung umgehen kann, aber hochspannend und möglicherweise sehr erfolgreich, da viel mehr die Kraft des Teams eine Rolle spielen wird, als nur die Sichtweise eines einzigen Vertriebsmanagers oder gar Geschäftsführers.

Was ist denn nun anders in diesem New Normal ?

Es ist eine Tatsache, dass es, spätestens jetzt zum Repertoire einer Vertriebsführungskraft gehören muss, Kundenprobleme zu kennen um die erforderlichen Lösungen zu schneidern. Die Sicht muss künftig mehr die Märkte mit einbeziehen.

Jeder Vertriebsmanager tut also gut daran, schnellstmöglich die entsprechenden Veränderungen an sich selbst, seinem Verantwortungsbereich und seinen Vertriebsmitarbeitern vorzunehmen.

Great salespeople are relationship builders who provide value and help their customers win

Jeffrey Gitomer

Es sind keine einfachen Zeiten für den Vertrieb, und es werden noch schwerere Zeiten für autokratische, unflexible Vertriebsmanager. Insbesondere dann, wenn sie immer noch nicht begriffen haben, dass Personalführung ohne Empowerment schon seit Jahrzehnten die denkbar schlechteste Lösung war und es eigentlich schon immer im Kern um die Kundenzufriedenheit ging.

Es trennt sich vielleicht endlich die Spreu von Weizen. Gute Verkäufer, und erst recht gute Vertriebsmanager, haben die Grundeigenschaft Situationen zu erkennen und für sich und ihr Team die richtigen Maßnahmen zu ergreifen um erfolgreich zu sein. Wir werden jetzt nach und nach endlich sehen, dass Verkaufen und das Vertriebsmanagement eben doch nichts sind, was jeder kann, wie viele Unternehmen viele Jahre lang glaubten….