Was sind die Trends? Wo werden Kunden in Zukunft kaufen? Wie wird das aktuelle und zukünftige Kaufverhalten ausgehen?
Ein kleiner Ausblick in herausfordernden Zeiten.
Nichts wird die Zukunft so sehr bestimmen, wie die drei Big Topics:
Preissensibilität
Ressourcenmanagement
Nachhaltigkeitsanspruch
Die meisten bekommen es schon mit, ob B2B oder B2C: Es wird weniger gekauft, länger überlegt oder teils sogar mehrere Entscheider mit ins Boot genommen. Ist das große Shoppen vorbei?
Preissensibilität sollte nicht mit Sparsamkeit oder Ausgabenstopp verwechselt werden, sondern vielmehr als das, was es ist: Kunden kaufen weiterhin und sind auch bereit (mehr) Geld auszugeben, sobald ein für sie stimmiger Mehrwert deutlich wird.
Hier ist Vertriebsexpertise gefragt:
Warum Menschen weniger kaufen oder auf günstige Produkte zurückgreifen ist der Hilflosigkeit geschuldet: Aktuell können Unternehmen in der Online-Kommunikation den Kaufentscheidungsprozess nicht abbilden, sprich die Sales-Expertise findet dort nicht statt.In Kombination mit Sorge um Wohlstand und Absicherung gibt es weniger »Luxus-Käufe«, bzw. weniger Käufe von Produkten, auf die sie verzichten können. Der Produktverkauf muss der Preissensibilität angepasst und die Kunden länger im Markt begleitet werden.
Einfach, aber nicht banal: Die Grundlagen des Verkaufs müssen auch online abgebildet werden. Unterschiedliche Kaufmotive, Entscheidungswege, Einwandbehandlung und eine gute Bedarfsanalyse – all das wird der zukünftige Hebel im digitalen Vertrieb sein. Diese Transformation ist unverzichtbar.
Was wir dazu benötigen? Ganz klar Vertriebsmenschen. Hier steckt das gesammelte KnowHow über Jahre, was ins Digitale übersetzt werden muss.
Ressourcenmanagement bedeutet die breite Palette von sämtlichen Ressourcen: Material, Rohstoffe, Personal, Skills, Zeit, Budget – was erstmal wie eine unspektakuläre Aufzählung klingt, wird sich als Gamechanger von Unternehmen erweisen, da es tief in Prozesse und Unternehmensstrukturen, sowie Tätigkeiten eingreift.
New Work und andere Modelle sind Versuche in Silos und bilden nicht ab, was gebraucht wird: abteilungsübegreifendes arbeiten.
Warum ist das für Kunden wichtig? Weil Ressourcenmanagement sich 1:1 auf der Verkaufsprozess auswirkt und es ebenso um die Ressourcen des Kunden geht: der Kunde wünscht, dass sorgsam mit seiner Zeit, seinem Geld und mit ihm umgegangen wird. Der Kunde kauft nicht bei einer Abteilung, sondern bei einem Unternehmen.
Wir benötigen eine gemeinsame Steuerung und Ausrichtung des digitalen Vertriebs und Marketing.
Eine gemeinsame Ausrichtung, ein gemeinsamer Fahrplan – was selbstverständlich klingt, ist es halt einfach nicht. Es muss dafür gesorgt werden, dass beide Abteilungen eine Sprache sprechen und sie mit demselben Vorgehen am selben Prozess arbeiten. Dazu helfen Frameworks, Meetingstrukturen, gleiches Wissen und Hilfen wie ein Scorecardsystem. Für einen sicheren Erfolg braucht es die Implementierung des oben abgebildeten Prozessmodells durch erfahrene Experten.
Allein die beiden Punkte sorgen dafür, dass der digitale Vertrieb Abschlussquoten von 20-80% vorzeigen kann, statt die aktuellen 3-6%. Das ist Verkauf.
Nachhaltigkeitsanspruch hat nicht nur was mit Klimaschutz zu tun, was immer mehr Kunden wichtig ist, sondern auch mit der Auswahl von Produkten selbst. Das ist aktuell in der jetzigen TikTokisierung und Empörungs-Mengenlage nicht vorstellbar, aber dennoch absehbar. Der Nachhaltigkeitsanspruch steigt zunehmend. Und das flächendeckender als bisher angenommen. Obwohl das Klima-Thema seit mehreren Jahrzehnten angesprochen wird, nehmen Menschen erst jetzt Auswirkungen, sowie positive Beispiele an Beeinflussern wahr und finden selbst aktiv Lösungen zur Umsetzung.
Billigware auf Amazon, unnötiger Konsum, tierfreie Produkte und klimafreundliches Handeln durch Unternehmen: Hier braucht es eine sichtbare und konsistente Strategie, die sich im Verhalten des gesamten Unternehmens widerspiegelt. Es muss nicht perfekt sein, es muss echt sein. Greenwashing funktioniert nicht mehr, Kunden wünschen eine ernsthafte Auseinandersetzung. Sie wollen zudem am Entwicklungsprozess teilhaben, also eine Kommunikation darüber, wie man mit den gemeinsamen Klimathema umgeht.
Trends sind erstmal nur Trends und werden dann erst wirklich relevant, wenn sie sich etablieren. Doch kann man das vorhersehen?
Trends werden dann zu einer Gewohnheit, sobald sie leicht sind, süchtig machen oder einfach nur der nächste logische Schritt in einer Kette von Verhalten ist. Es muss also nichts zwangsläufig alles mitgegangen werden. Vielmehr müssen wir lernen, mit Metriken richtig umzugehen. Viele Likes bedeuten noch lange keinen Verkauf oder die Beeinflussung auf einen Verkauf. Der Fokus muss konsequent auf das gelegt werden, was Menschen tatsächlich tun, und nicht nur sagen. Ein Like ist etwas sagen, so etwas wie: Ich mag das. Der Eintrag in ein Formular oder Kauf ist ganz klar als etwas zu sehen, was Menschen tun. Menschen verhalten sich halt anders, als sie sich darstellen. Angepasstes Verhalten, Erwartungskonformität, Selbstdarstellung oder schlichtweg Einwandverhalten können die Gründe sein.
Ehrlich, passend, direkt: Kunden möchten keine Zeit mit Fehlentscheidungen, Blendwerk, unpassenden Strategien und schlechten Prozessen verbringen. Der Kunde möchte klare Statements, gute Führung und einen Prozess, der seinem Entscheidungsprozess entspricht. Kunden legen Wert auf Nutzen, Nachhaltigkeit und Qualität.
Sie wollen Reduktion: Alles, was unnötig ist, darf weg.
Aktuell geht der Trend wieder in Richtung »kleinere Stores«. Sie wollen Intensivierung: Alles, was es braucht, muss intensiviert werden. Hier werden wir Änderungen auf Marktplätzen sehen: Nicht alle Produkte werden dort in der jetzigen Einheitsform gut verkauft werden können. Verlässlichkeit steht genauso im Vordergrund wie Sicherheit: Kunden kaufen auch Produkte, die Sicherheit bieten, aber erst noch verfügbar sein werden, wie zum Beispiel Solaranlagen.
Marktplätze
Kaum zu glauben, aber Amazon als reiner Verkaufskanal wird an Relevanz verlieren. Das liegt schlichtweg daran, dass Amazon nicht für alle Produkte geeignet ist, da es sich hierbei um Distribution handelt. Was funktioniert: Baue alles drumherum auf und schicke die Kunden für den Abschluss dorthin.
Kaufland & Konsorten
Gut gemeint, aber fast schon zu spät – das »alles an einem Platz-Ding« hat und hätte gut vor 5 Jahren funktioniert. Jetzt muss der Trend raus aus der reinen Distribution und dem Volle-Regal-Gefühl gehen, rein in die Bedarfsorientierung und Nutzerversprechen für Kunden.
TikTok, Instagram
Als aufstrebender Kanal und Durchstarter Nr. 1 ist TikTok von großer Relevanz. Immer noch lieben User den Entertainment-Faktor, werden aber gleichzeitig immer kritischer. Denn auch hier macht sich Empörung und Hetze breit. Das gilt es zu beobachten. Instagram ist ein stabiler Kanal für Direktshopping oder auch Second-Shop, also Traffic direkt auf eine Verkaufsseite senden.
Emailmarketing, Owned Community
Leise, ruhig und ohne sofortige Kommunikationseinbindung: Ein Großteil der User möchte nicht zwangsläufig konsumieren, kommunizieren und bespielt werden. Sie sehnen sich nach Ruhe und nach Orten, in denen sie Dinge finden, die sie suchen bzw. die ihnen helfen. Emailmarketing bietet sich da ebenso an, wie eine eigene Plattform für wertvollen Content, in denen User agieren, interagieren können, ohne direkt im Geschehen sein zu müssen.
Trigger & Co
Reminder bei Kaufabbruch, rüttelende Buttons, Aufruf bei nicht gelesener Mail und Nerven nach Nutzen von Downloads – das Maß ist auch hier in Zukunft voll. Jedes Nachfassen muss geprägt sein von tiefer Kundenperspektive und Bedarfsverständnis. Was im Vordergrund steht, ist Sinn, Effektivität und Nachhaltigkeit – wenn das vorhanden ist und gut kommuniziert wird, dann braucht es keine Schubser.
Marketing sollte sich durch Sales mitsteuern lassen und sich auf das fokussieren, was im Verkaufsprozess hilfreich ist.
Das Marketing braucht somit Einblick in eine Messung von kontextuellen Informationen, sprich: Marketing sollte produzieren, was dem Sales beim Verkaufen wirklich hilft. Hilfreich ist nicht nur der Fokus auf hochwertigen Traffic, sondern auch auf eine Kommunikation der Werte und menschlichen Skills.
Es braucht Bodenständigkeit und Orientierung in der Kommunikation.
Im Contentsektor darf eine Intensivierung in Hinblick auf die Kaufmotivationen gelegt werden, da sich Suchen stark verändern werden.
Hier ist Vorarbeit besser als Nacharbeit.
Auch in der persönlichen Entwicklung gibt es eine starke Strömung: Menschen werden in Zukunft an ihren Ergebnissen und Handlungen gemessen und auf welchen Werten sie basieren.
Worte und Verhandlungen rücken immer mehr in den Hintergrund. Haltung, Werte und die Fähigkeit von Reflexion, Entscheidungsfreudigkeit, Unabhängigkeit, sowie des gesellschaftlichen Fokus stehen vorne an.
Selfcare ist ebenso wichtig, wie das Gegenüber. Menschen mit Konflikt – und Lösungskompetenz, die im Kontext agieren, werden immer wertvoller und wichtiger. Konsistentes und konsequentes Verhalten stehen mehr denn je im Vordergrund. Die versteckten Nehmer haben ausgedient: Netzwerken und Geben, um zu bekommen sind endgültig vorbei. Kunde vor Karriere steht klar im Fokus.
Intentionen werden hinterfragt und stellen den Anspruch an Gemeinschaft, Gesellschaft und Kundennutzen.
Eigennützige Intentionen werden abgestraft, die Zurücknahme der Eigeninteressen belohnt.
Vieles, von dem, was online passiert, haben wir im Offline-Sales schon erlebt: Klassisches Hardselling bis hin zum kundenorientierten Verkaufen. Genau das erleben wir im digitalen Vertrieb. Diese Entwicklung sollte durch den Vertrieb aktiv mitgestaltet werden, denn Kunden entwickeln sich gerade in ihrem Verhalten.
Wir haben Kundenmarkt, Kunden können sich mit einem Klick aussuchen, wo und wie sie kaufen. Sie wollen stärkeres Eingehen auf ihre Bedürfnisse und Intensivierung positiver Kauferfahrungen.
Vertriebsexpertise in herausfordernden Zeiten wird der Gamechanger und darf sich nicht durch »Digital« blenden lassen.
Die großen Zukunfts-Themen Preissensibilität, Ressourcenmanagement und Nachhaltigkeit lassen sich nur durch Vertriebsexpertise, sowie eine gemeinsame Steuerung und Ausrichtung von Sales & Marketing erfolgreich lösen.
Katharina Stapel ist Inhaberin und Geschäftsführerin der Stapelfux GmbH und Expertin für Behavioral Economics und digitale Vertriebsprozesse.
Sie unterstützt mittelständische Unternehmen sowie Konzerne beim Aufbau und der Umsetzung digitaler Vertriebsprozesse und Marketingstrategien, trainiert Teams und bildet Digital Sales Manager-Berater aus.
Als Science Nerd ist sie an der Konzeption und Durchführung verschiedener Studien beteiligt und publiziert regelmäßig mit dem Anspruch, Wissenschaft für die Praxis nutzbar zu machen und setzt sich für die Professionalisierung von Vertriebsprozessen in Unternehmen ein.
Derzeit ist sie Co-Leiterin einer Studie zum Thema „Nudging“ an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seit über 15 Jahren ist sie als Referentin zu diesen Themen tätig.