FÜHRUNGSSTILE - EIN ÜBERBLICK

Ein extrem weit gefächertes Thema, zu dem unzählige Bücher, Studien, Artikel Dissertationen und sonst noch etwas vorliegen.

Entsprechend komplex ist es, wenn man sich damit zum ersten Mal auseinandersetzt. Aber nicht nur für Anfänger ist es sinnvoll einen Überblick zu haben. Auch erfahrene Führungskräfte sollten sich entwickeln. Vielleicht hilft es ab und an zu prüfen, wo man mit seinem Führungsverhalten eigentlich liegt. Daher gebe ich Dir hier eine kleine Einführung und hoffentlich ein wenig Überblick. Vielleicht erkennst Du ja auch Deine Vorgesetzten….das könnte Dir helfen, sie zu verstehen.

Ganz ähnlich wie bei den Vertriebsmethoden in meinem entsprechenden Artikel, denke ich, ein Profi sollte diese Themenbereiche zumindestens kennen. 

Also los geht’ s!

Was bedeutet “führen” denn eigentlich ?

Also sprachwissenschaftlich betrachtet kommt das Wort vom selben Stamm wie “fahren”. “Fahren” wiederum, so vermutet man, ist eine Ableitung des alten Verbs “farn” oder “faran”, was wiederum etwas wie  “beginnen / anstossen / bewegen / in eine Richtung schieben” bedeutet.  Und dann passt das sehr gut.

Führen ist also “etwas beginnen” oder “etwas anstossen” , “etwas bewegen”.

Also nähern wir uns dem Thema weiter an. Führen steht oft im Zusammenhang mit Management oder den entsprechenden Positionen innerhalb einer Hierarchie. 

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Du kannst der Boss sein und dennoch eine lausige Führungskraft....

Was also stoßen Führungskräfte an ? Was bewegen Sie ? Und wohin ?

Ihr ahnt es natürlich.

Die Antwort ist Menschen. Mitarbeiter um konkreter zu sein. Und hier müssen wir gleich kurz innehalten und auf ein entscheidendes Detail achten:

Führung bezieht sich auf Menschen, nicht auf Dinge. Dinge werden gemanagt !

Anders gesagt, Management und Führung sind zwei verschiedene Dinge. Eine Unterscheidung, die nicht immer gemacht wird. Das nicht zu tun ist ein schwerwiegender Fehler, der gravierende Konsequenzen haben kann. Sowohl für die Personen, als auch für die Organisation. 

Die Führung von Menschen oder Teams ist eine sehr anspruchsvolle und facettenreiche Aufgabe, die eine Menge Investment und sehr viele Skills erfordert

Aus dieser Komplexität heraus, gepaart mit den unterschiedlichen Charakteren und Verhaltensweisen (wir erinnern uns: Menschen führen Menschen), haben sich im laufe der Zeit verschiedene, mehr oder weniger definierte Führungsstile herausgebildet.
In diesem Artikel werden verschiedene Führungsstile und ihre Kernmerkmale, ohne Anspruch auf Vollständigkeit gelistet. Führungsstil bezieht sich hier auf die jeweiligen Verhaltensmuster der Führungskräfte. Natürlich läuft entsprechende Forschung in verschiedener Weise immer noch. Insbesondere die psychologischen Aspekte, aber auch Interaktion sowie Ergebnis spielen dabei eine Rolle. Das werden wir aber hier heute erst einmal aussparen.
Aktuell liegt, glücklicherweise, der Fokus auch oft auf Mindfulness und Agilität. Das sind Facetten, die sich mit manchen der gelisteten Stile gar nicht, mit anderen sehr gut vereinbaren lassen.

Gibt es denn so viele verschiedene Stile ?

Prinzipiell gibt es eine ganze Reihe an verschiedenen Führungsstilen, die “fest definiert” sind, zu denen noch einige gemischte Formen und andere Elemente kommen, die (noch) nicht als wirklicher Führungsstil gelten oder sich gerade erst entwickeln.
Zu den definierten gehören seit Jahrzehnten die von Kurt Lewin in den späten 30ern, nach seiner sogenannten “Iowa Studie” festgelegten.
Er hat damals fünf Führungsstile definiert, nachdem er verschiedenartiges Führungsverhalten auf Kinder hatte ausüben lassen, um festzustellen, wie sich das auf deren Leistungsfähigkeit auswirkt.
Diese Kategorisierung gilt noch heute, ist aber mittlerweile nicht mehr die einzige. Dabei handelt es sich um die wohl bekanntesten Führungsstile: 

autokratisch / autoritär„, „demokratisch / kooperativ“ und  „Laissez-Faire“.
Wir beleuchten alle kurz in der unten stehenden Liste. 

Unterschiedliche Führungsstile haben Vor- und Nachteile.

Schau sie Dir an, denke darüber nach und vielleicht stellst Du ja fest, wo Du stehst, oder wo Du stehen solltest. Das ist sehr wichtig. 

Ich habe Führungskräfte gekannt, die sich für liberal hielten, deren Verhaltensmuster aber klar autoritär waren. 

Das nicht zu wissen, bzw. daran nicht zu arbeiten ist m.E. ein no-go. 

Eine Führungskraft schuldet es ihrem Team, die bestmögliche Fassung von Führung zu praktizieren.
Wenn Du dann auch noch in Betracht ziehst, daß bereits jetzt darüber diskutiert wird, wie KI Führungskräfte ersetzt, weil sie vieles besser kann, dann solltest Du Dir erst recht Gedanken machen….

Also schauen wir uns kurz an, wie Führung sein kann.

Fuehrungsstile 1
Leadership geht auf sehr verscheidene Arten...aber es hat IMMER mit Deinem Team zu tun...

Die gängigsten, bzw. bekanntesten Stile sind:

Autokratisch (auch autoritär genannt)

Hier trifft die Führungskraft alle Entscheidungen alleine und ohne Rücksprache mit irgendwem. Sie erwartet daraufhin, dass die Umsetzung genau so stattfindet, wie es ihrer Entscheidung entspricht.
Entsprechend groß ist die Distanz zu den Mitarbeitern. “Team” im Sinne von “gemeinsamen Entscheidungen” gibt es eigentlich keines. Diese Führungskraft sieht sich per se als überlegen an und strahlt, auch aktiv, (nicht natürliche) Autorität aus. Die Ausführung ihrer Entscheidungen / Anweisungen kontrolliert sie gerne, oft und nachdrücklich – Stichwort Mikromanagement. Mängel kommen für sie immer von der schlechten Ausführung, niemals von seiner  Entscheidung. Für diese Führungskraft geht es ausschließlich um Leistung / Erfolg und Pflicht und sie glaubt wirklich, dass beides nur durch ihr Zutun überhaupt existieren kann.

Themen bei diesem Stil sind: Hierarchie, Kontrolle, Macht. Man liest oft, dieser Stil sei unzeitgemäß und heute weitgehend inexistent. Aus meiner Erfahrung ist leider das Gegenteil der Fall. Wenn man hinter die Kulissen schaut oder an der Fassade kratzt stellt man schnell fest, wie erschreckend oft das Alltag in unseren Unternehmen ist.

Patriarchalisch

Nah dran am autokratischen Stil. Hier gibt es die Ausprägung, dass sich die Führungskraft als “Vaterfigur” sieht und daher allein alle Verantwortung für seine “Kinder” trägt.

Ähnlich wie auch beim autoritären Stil, ist hier die Veranlagung zum Mikromanagement enorm hoch. Umsetzungen haben so stattzufinden, wie es die Führungskraft will. Für eigenen Input oder Ideen wird niemandem Raum gelassen. Ein Stil den man oft in inhabergeführten Unternehmen findet. Auch nicht untypisch für Familienunternehmen.

Charismatisch

Das kann leider nicht jeder, da es bedingt, dass die Führungsperson eben dieses Charisma hat. Wenn das aber vorhanden ist, sind solche Führungskräfte echte Leader, denen man gerne folgt. Das “anhimmeln” solcher Führungskräfte öffnet allerdings Tür und Tor dafür, daß Mitarbeiter gerne zu weit gehen. Zeiteinsatz, Nibelungentreue, ja bis hin zum Zulassen von Ausbeutung.

Ein großer Vorteil des charismatischen Führungsstils liegt in der Begeisterung, die Mitarbeitende ihren Chefs entgegenbringen. Diese pusht ihre Leistungsbereitschaft und kann wirklich gute Effekte haben. Echtes Charisma ist aber eher selten. Wenn es existiert, führt es manchmal auch zur Selbstüberschätzung solcher Personen, bis hin zu gefährlichen, ja narzisstisch gefärbten Verhaltensweisen. Führungsqualität ist, entgegen dem Charisma, meist nicht natürlich vorhanden und kann auch nicht außen vor gelassen werden. Charisma ist gut, reicht aber alleine nicht.

Demokratisch (auch kooperativ genannt)

Hier steht die Einbindung des Teams im Mittelpunkt. Es wird aktiv ermutigt sich zu beteiligen und Verantwortung zu übernehmen. Verschiedene Meinungen fließen in die zu treffenden Entscheidungen ein. Hier liest man auch oft den Begriff “partizipative Führung”. Entscheidungen können hier in mehreren Etappen und somit relativ spät getroffen werden, worin eines der Probleme besteht.
Bei diesem Stil muss die Führungskraft außerdem sehr auf die Dynamik im Team achten, da es schnell zu “Meinungsmachern” und Teaminterner “Politik” kommt. Das kann dazu führen, daß einzelne Teammitglieder nicht mehr gehört werden und ihr Know How damit verschwendet wird.

Laissez-faire

Wenig Einflussnahme, kaum Kontrolle. Mitarbeiter bekommen alle Freiheiten, auch Entscheidungen zu treffen. Gerne in kreativen Orgas verwendet. Man liest in diesem Kontext auch manchmal “passiver Führungsstil”.
Es gibt eine schon lange andauernde Kontroverse darüber, ob dies überhaupt ein Führungsstil ist, da die Führungskraft tatsächlich sehr weitgehend nicht aktiv wird. 

Partizipativ

Hier könnte man die Führungskraft als “Moderator” bezeichnen. Sie trifft letztlich die Entscheidungen, nimmt aber das Know How der Teammitglieder mit. Diese Führungskraft lässt verschiedene Sichtweisen und Expertisen zu, behält aber “die Fäden in der Hand” und entscheidet, wer überhaupt wie partizipieren darf. Auch die Entscheidung liegt hier trotz allem allein bei der Führungskraft.
Im „echten Leben“ agieren viele Führungskräfte vordergründig partizipativ, ersticken aber sehr viel, da sie fließende Übergänge zu autoritären Stilen zulassen.

Bürokratisch

Regeln, Aufgaben, Prozesse. Alles fixiert, vorgegeben und oft nicht verhandelbar. Mitarbeiter haben sich den gewünschten Arbeitsabläufen zu beugen. Selbst die Führungskraft ist hier oft genötigt sich, ob sie es will oder nicht, Regeln zu beugen und innerhalb eng abgesteckter Rahmen zu führen. Oft in großen Orgas zu beobachten, aber auch dort wo Entscheider am Werk sind, denen eine Regel hilft Sicherheit und Überblick zu bewahren. Also dort, wo Führungskräfte agieren, die eigentlich extrem unsicher sind.

Transformational

Eigentlich eher ein Oberbegriff für Führung die inspirieren und motivieren soll, indem z.B. Visionen, Ziele oder Werte stark in den Vordergrund rücken. Impliziert das professionelle und persönliche Wachstum von Führungskraft und Mitarbeitern, da Fähigkeiten und Bedürfnisse des einzelnen eine Rolle spielen dürfen.Die Transformation bezieht sich sowohl auf das Team als auch auf die Individuen und die Führungskraft sollte genau das mit ihrer Aktivität fördern.

Transaktional 

Auch eher ein Überbegriff und das “Gegenteil” von transformationaler Führung. Hier geht es ausschließlich um “give and take”, also Leistung oder Aktivität gegen Bezahlung oder Belohnung. Nur das Ziel ist relevant. Die persönliche Entwicklung oder gar Befindlichkeiten spielen keine Rolle. Zielvereinbarungen sind hier oft DIE Grundlage. Lob, Belohnung, Incentives, Sanktionen u.ä. Sind hier das “Handwerkszeug” der Führungskraft. Ein Klassiker im Vertrieb und möglicherweise einer der Gründe dafür, daß dort sehr häufig der Fokus auf Transaktion den auf wirkliche Führungsarbeit mit transformationalen Elementen verhindert.

Situativ 

Führung und Entscheidung erfolgen je nach Fähigkeiten und Bedürfnissen der Mitarbeiter, aber auch je nach Gesamtsituation. Intuition und Erfahrungswerte der Führungskraft werden oft schnell herangezogen um zu entscheiden, wie es weitergeht.
Oft für Mitarbeiter sehr schwer nachvollziehbar und damit ein Risiko, da das aus Mitarbeitersicht oft als „unberechenbar“ gesehen wird.

FAZIT

Na, hast Du Dich wiedergefunden ? Oder Deine(n) Vorgesetzten ?

Die Liste hätte sogar noch länger sein können. Aber, was ist nun der beste Stil ? Wie sollte die ideale Führungskraft sein ? 

Man erwartet Echtheit, Offenheit, Kalkulierbarbeit, Mindfulnes, Durchsetzungsstärke, Nahbarkeit, Handlungsaktivität, Entscheidungsfähigkeit, Souveränität, Fachexpertise, Impulse geben und initiativ lenken. Den Überblick behalten, trouble shooten, Mitarbeiter positiv beeinflussen, die Teamentwicklung fördern, verschiedene Interessen erkennen, konfliktfähig sein, konsequent sein, persönlich engagiert, delegieren – aber nicht alles, Vorbild sein, seine eigene Überzeugung vertreten, positiv sein, aufgeschlossen sein, selbstkritisch sein und natürlich extrem resilient. Ach und natürlich emotionale Belastungen, Misserfolg und Rückschläge aushalten….Aber Achtung, nicht zu sehr bei den eigenen Vorgesetzten anecken, etc., etc.,… 

Du ahnst es schon, ich könnte mit dem was man von Führungskräften erwartet noch 25 Seiten füllen. 

Die Menge an Führungsstilen und die Menge an Dingen, die dabei eine Rolle spielen sind extrem vielfältig. Dazu kommen all die Einflüsse von außen. Gesellschaftliche, soziale, uvm.

Es ist durchaus sinnvoll, wenn Du Dich mit den Führungsstilen auseinandersetzt und Vor- und Nachteile feststellst. Auf diese Weise kannst Du, und das ist gleichzeitig mein Rat an Dich, einzelne Elemente herausziehen, die Dir und Deiner Persönlichkeit entsprechen. Elemente nehmen, ausprobieren, adaptieren. Mutig sein, sie im Alltag zu verwenden, zu probieren.
Man muss “lernen” welche Elemente einem helfen die Aufgabe zu erfüllen.

Letztlich geht es darum, daß Führung bedeutet, das Vertrauen von Menschen zu gewinnen um sie zu entwickeln. Dazu musst Du in den Augen Deiner Mitarbeiter insbesondere berechenbar, verlässlich und gerecht sein, aber auch selbst bereit Dich zu entwickeln.

Ich selbst habe im Bereich Führung eine kleine “Eselsbrücke” für mich gebaut und oft angewendet.Damit habe ich versucht einzuschätzen, was meine Entscheidung wohl bewirken wird….Wenn Du willst liest Du HIER mehr davon.

Wie Du es handhabst musst Du selbst entscheiden. Dein Führungsansatz sollte aber mit einem großen M beginnen.

Nein, nicht M wie MACHT - sondern M wie MENSCH !!!!

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